Fasnachtsküchle

Jedes Jahr nehme ich mir vor, standhaft zu bleiben, ein Bollwerk gegen die Verführungen der Fasnacht. „Dieses Jahr“, sage ich mir, „werde ich stark sein.“ Der Geist ist willig, oh ja. Aber dann kommt der Februar, und mit ihm die süße Versuchung, eingehüllt in den Duft von frisch gebackenen Fasnachtsküchle.

Die erste Schlacht verliere ich schon bei dem Gedanken an den zarten Biss in ein frisches, noch warmes Küchle. Der Puderzucker schmilzt auf der Zunge, die Augen schließen sich in seliger Zufriedenheit. „Ein einziges kann doch nicht schaden“, flüstert eine Stimme in meinem Kopf. Aber wie jeder erfahrene Fastnachtskrieger weiß, gibt es kein „nur eins“ im Lexikon der Fasnachtssünden. Einmal angefangen, führt der Weg unweigerlich zum zweiten, zum dritten – und plötzlich findet man sich mitten in der Nacht am Kühlschrank wieder, die Hände klebrig von Weinsoße und das Herz voller Reue.

Tief in meinem Herzen weiß ich, dass es eine Schlacht ist, die ich gerne verliere. Denn was wäre das Leben ohne die kleinen Freuden? So erhebe ich mein Glas Weinsoße in einem Toast auf die Fastnachtszeit und auf die süßen Verführungen, die uns Jahr für Jahr demütig machen.

Doch die Kehler Fastnacht wäre nicht dieselbe ohne den krönenden Abschluss: den Hexenfraß in Sundheim am Rosenmontag. Ich, bewaffnet mit nichts als meinem Löffel aus altem Olivenholz und einer unerschütterlichen Entschlossenheit, mich nicht von der dunklen Magie der Erbsensuppe überwältigen zu lassen, trete ein in die Halle. Es kommt mir sogleich ein altbekannter Duft entgegen, der selbst den härtesten Fastnachtskämpfer ins Wanken bringt. „Nur eine Schüssel“, sage ich mir. „Eine Schüssel kann doch nicht schaden.“ Mit jedem Löffel, der meine Lippen berührt, spüre ich, wie meine Willenskraft schwindet, aufgelöst in der Brühe der Verführung.

So, liebe Leser, erhebe ich meinen Löffel – nicht in Kapitulation, sondern in Anerkennung einer einfachen Wahrheit: dass es im Leben Momente gibt, in denen die Freude am Genuss jede Vorstellung von Mäßigung überwiegt. Der Rosenmontag ist eine solche Zeit, ein magischer Moment, in dem wir alle ein wenig Hexe sind, verzaubert von der Kraft des närrischen Rituals und, ja, der Erbsensuppe der Sundheimer Hexen.

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