Symbolfoto

Früher roch Journalismus nach Papier, Kaffee und ein bisschen nach Stress. Heute riecht er nach… nichts. Oder höchstens nach dem Plastik des Laptopgehäuses.

Es gibt Gerüche, die bleiben, auch wenn ihre Quellen längst verschwunden sind.
Druckerschwärze zum Beispiel. Wer einmal an einem Stapel frisch gedruckter Zeitungen vorbeigegangen ist, vergisst diesen Geruch nicht. Er war eine Mischung aus Öl, Papierstaub und dem Versprechen, dass hier drinnen Geschichten stecken.

In meinen ersten Jahren als Journalist, Ende der 90er-Jahre, gehörte dieser Geruch noch zum Alltag. Morgens griff man sich ein Exemplar vom Stapel, schlug es auf – und hatte sofort schwarze Fingerkuppen. Eigentlich kein Makel, sondern ein Ehrenzeichen. Schwarze Finger sagten: Hier arbeitet jemand mit Worten, die es bis auf Papier geschafft haben.

Heute? Heute wird PDF verschickt. Kein Schmierfilm, kein Papierstapel, keine Druckerwalzen, die brummen wie sattgefressene Katzen. Man lädt herunter, scrollt – und fertig. Der Geruchssinn bleibt arbeitslos.

Natürlich, Fortschritt hat seine Vorteile. Man muss nicht mehr in der Kälte auf den Boten warten, der die Vorab-Exemplare bringt. Man kann Korrekturen in Sekunden weiterleiten. Aber etwas ist verloren gegangen: die haptische Vorfreude, die kleinen Unfälle, wenn ein frisch gedrucktes Blatt in der Mittagspause im Suppenteller landete und dann wie eine besonders würzige Titelseite roch.

Ich behaupte: Wer einmal mit Druckerschwärze unter den Fingern nach Hause kam, hat den Journalismus tiefer verinnerlicht als jeder, der nur Mails verschickt. Vielleicht ist es Sentimentalität, vielleicht Berufsromantik – aber manchmal, wenn der Drucker im Büro warm läuft, halte ich die Nase ganz dicht ran. Nur, um mich zu erinnern.

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